Ich starte wieder bei Sonnenaufgang. Der Vater des Jungen ist bereits wach und winkt mir nach. Heute will ich über die Transfăgărășan nach Sibiu fahren. Bei einem Straßenverkäufer kaufe ich wieder Obst und Gemüse ein. Eindringlich ratet er mir ab, alleine in die Berge zu gehen und zu Wandern. Es kommt mir fast wie bei Monopoly vor: Gehen Sie in das Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, begeben Sie sich direkt dorthin. Ich soll ja nich nach rechts oder links schauen, direkt nach Sibiu fahren. Am schlimmsten sollen nicht die Bären sein, sondern die „bösen“ Menschen. Anscheinend gibt es Rumänen und Rumänen. Irgendwie kommt mir vor ist jeder gegen jeden: Nord gegen Süd, West gegen Ost, Arm gegen Reich, Stadt gegen Land usw. Ich bin nie draufgekommen warum. Ich fahre über Petrosani nach Ramnicu Valcea und nach Argisch auf die Transfăgărășan. Es ist unter der Woche und der Verkehr hält sich in Grenzen. Die Transfăgărășan erinnert an die Stilfser Joch Straße, nur viel länger. Das Wetter ist perfekt: blauer Himmel, angenehme Temperatur und kein Wind.
Am Scheitelpunkt zwischen Nord und Südseite ist ein 500 Meter langer Tunnel. Und plötzlich steht alles. Ich schleiche mich langsam im Tunnel an die Autos vorbei. Anders als bei uns, wo die Fahrer die Autos abstellen und warten, beginnen die Rumänen ein Hupkonzert mitten im Tunnel, es werden die Motoren hochgedreht und ein Höllenlärm entsteht. Nichts wie raus hier, glücklicherweise kommt mir auch niemand entgegen. Am Ende des Tunnels herrscht das Chaos: Die Parkplätze sind überfüllt, Menschen wuseln umher. Ein Bus sperrt die komplette Straße, es gibt keinen Parkplatz und so ist er einfach stehengeblieben und wartet nun auf seine Gäste. Ich umfahre die Hindernisse und grinse über beide Ohren: die Transfăgărășan gehört mir alleine! Nur eine Kleinigkeit macht mir einen Strich durch die Rechnung: das Wetter! War es auf der Südseite noch wolkenlos und die Sonne strahlte vom Himmel, so war es hier grau in grau: Der Himmel war komplett geschlossen, Nebel machte sich breit und man konnte nicht mal 30 Meter sehen.
Trotzdem machte ich mich auf dem Weg nach unten, ich wollte die Straße für mich haben. So konnte ich die ganze Transfăgărășan Nordrampe geniesen, ohne Autos oder Motorräder vor oder hinter mir. Es kamen viele entgegen, aber die Straße ist breit und gut instandgehalten. Also kein Problem.
Richtung Sibiu wurde die Landschaft flacher und die Temperaturen stiegen wieder an. In Sibiu parkte ich fast im Zentrum beim Markt. George, ein Blumenverkäufer war der Einzige, der seinen Stand noch offen hatte. Morgen war Feiertag und viele Rumänen kauften Blumen ein. Wir diskutierten lange über Gott und die Welt, über die Zukunft und das Leben. Eindringlich warnte er mich vor dem Osten Rumäniens und den Menschen dort. Wieder einmal…
Sibiu oder Hermannstadt ist eine alte Stadt in Siebenbürgen und lange Zeit Zentrum der Sachsen in Siebenbürgen. Davon zeugen heute noch alte Häuser und deutsche Innschriften. Es gibt immer noch deutsche Kindergärten und Schulen. Das Stadtzentrum ist sehr schön, auf dem großen Platz im Zentrum flanierten die Touristen und Einheimische, auf einer großen Tanzbühne tanzten Einheimische traditionelle Tänze in Tracht. Wie auch in Tuzla waren die Häuser alt, aber saniert und sehr schön. Sobald man sich aber etwas davon entfernte und in die Peripherie ging änderte sich das Bild schlagartig: alte, verlassene Häuser mit maroden Dächern säumen die Straßen. Etwas ausserhalb von Sibiu habe ich einen Campingplatz, Camping Ananas, gefunden. Er wird von 2 Deutschen geführt und befindet sich in Michelsberg – Cisnădioara, ca 10 Kilometer von Sibiu entfernt.
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